Im italienischen Dorf ohne Strassen
Die Wanderung von Cannobio auf den Monte Carza nach Carmine Superiore und wieder zurück zum Städtchen auf dem Delta des Bachs Cannobino ist auch ein Sprung zurück in die Vergangenheit. Nicht auf den ersten Blick: Denn vorerst verzaubert die Wanderung einen einfach mit herrlichen Aussichten auf den Lago Maggiore, schönen Wäldern und malerisch weit oberhalb des Sees gelegenen Dörfern. Dann aber sind die Spuren der zahlreichen Bergbauern allgegenwärtig, die früher die Hänge intensiv nutzten, in den Zwanzigerjahren aus wirtschaftlichen Gründen aber wegzuziehen begannen. Selbst wenn sie heute vielfach überwachsen sind, haben die Terrassen für die Felder und Gärten den Berg genauso geprägt wie die Pfade, die heute schöne Wanderwege sind, früher aber zu den Bauernhäusern führten und die Siedlungen miteinander verbanden. Zeugen früherer Zeit sind auch die alten Bewässerungskanäle aus Steinen. In eine andere Zeit versetzt fühlt man sich schliesslich in Carmine Superiore. Das Dorf ist nie ans Verkehrsnetz angeschlossen worden, und die Häuser wurden in den vergangenen Jahren von Nachkommen einstiger Dorfbewohner und anderen Liebhabern renoviert. Dementsprechend malerisch sind die Gässchen des Dorfs, das einst um die Hausburg einer Adelsfamilie herum entstanden ist. Mehr als nur einen flüchtigen Blick wert ist auch die Dorfkirche mit Fresken aus dem 15. Jahrhundert. Die Spuren eines jüngeren Kapitels der Geschichte sind dagegen etwas schwerer auszumachen. So war der Monte Carza im Ersten Weltkrieg Teil der Verteidigungslinie, die Italien damals gegen möglicherweise über die Schweizer Pässe kommende österreichisch-deutsche Truppen errichtete. Aufmerksame Wanderer können auch heute noch Reste der Verteidigungsanlagen entdecken.